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Flair statt Veteranen
Blueslawine im Haus der Jugend

 

Osnabrück. Für heftige Diskussionen sorgte diesmal die Blueslawine: Das alljährliche Festival im Haus der Jugend ist für viele Bluesfans ein Höhepunkt im Kulturkalender. Doch sagten einige Bands ab, außerdem schieden sich an der außergewöhnlichen Bluesinterpretation der Kai Strauss Band die Geister. Puristen zogen empört von dannen, andere plädierten für eine liberale Öffnung des Genres gegenüber anderen Musikrichtungen.

Dass der Veranstalter, der Förderkreis "Bluesverstärker", durchaus bereit ist, Experimente zu wagen, zeigte sich bereits im vergangenen Jahr, als mit The Brew eine sehr junge, dynamische Band präsentiert wurde, die mehr Rock als Roots-Blues spielte. Doch offenbar wurde diese harte Variante eher goutiert als die Einflüsse von Pop, Soul und sogar Reggae, die Kai Strauss mit seinem neuen Projekt in die bluesige Ursuppe schüttete.

Zurück auf Start: Eröffnet wurde die Blueslawine von Frank Tischer & The Ramblers. Pianist Tischer ist deutscher Begleitmusiker des legendären Miller Anderson, auf dessen Show sich viele Bluesfans bereits gefreut hatten. Doch der Woodstock-Veteran erkrankte in dieser Woche, sodass seine Tour abgesagt werden musste. Kurzfristig entschlossen sich die Veranstalter, Tischers Angebot anzunehmen, ohne Anderson aufzutreten, der schon mit Keef Hartley, Savoy Brown und der Spencer Davis Group unterwegs war. Amüsant geriet der Auftritt der Deutschen, die offenbar noch schnell einen jungen Bassisten engagiert hatten, der zur Sicherheit nach Noten spielte. Allerdings sollten die Musiker darauf verzichten, Van Morrison zu covern, wenn man nicht mit der entsprechenden Stimme gesegnet ist.

Deborah Coleman brachte als Ersatz für Sherman Robertson – er erlitt Anfang des Jahres einen Schlaganfall – weibliches Flair in die Runde. Allerdings war die junge Musikerin von einem Virus angefallen worden, denn ihre heiser-brüchige Stimme setzte sie eher selten ein. Oder es ist bei der Afroamerikanerin halt so, dass ihr Schwerpunkt die Saitenarbeit ist. Fast alle gespielten Songs, die gern die Zehn-Minuten-Grenze rissen, mündeten nach kurzen Vokallinien in ausgiebige Instrumentalpassagen, die gern in Richtung Funk oder Southernrock blickten. Ungewöhnlich, aber gefühlvoll und sehr versiert musiziert.

Leider fanden die geradezu poppigen Songs von Kai Strauss zum Abschluss des Abends nicht mehr so viele Fans. Dabei hat sein aktuelles Album "This Time" mit dem afrodeutschen Sänger Jeffrey Amankwa und dem Hammond-Virtuosen Wolfgang Roggenkamp Aufmerksamkeit und offene Ohren in jedem Fall verdient.

Neue Osnabrücker Zeitung, 18.03.2012