Hochklassige Blueslawine mit Hindernissen
Woodstock-Veteran fehlte wegen Krankheit
Ohne jede meteorologische Vorwarnung geriet das angekündigte "line up" im Programm der diesjährigen 18. Blueslawine mächtig ins Rutschen. Nachdem bereits Shermann Robertson im Januar einen Schlaganfall erlitten hatte, musste auch Miller Anderson, Veteran des legendären Woodstock - Festivals, zwei Tage vor seinem Auftritt im Haus der Jugend in Osnabrück aus Krankheitsgründen absagen. Den Veranstaltern, die Osnabrücker Bluesverstärker, gelang jedoch das fast Unmögliche. Mit dem Organisten Frank Tischer, der kurzfristig für den Briten Anderson einsprang und der farbigen Gitarristin Deborah Coleman aus den Staaten holten sie einen kongenialen Ersatz auf die Bühne. Tischer, der seit 2009 neben dem Drummer Tommy Fischer ohnehin in Andersons Band mitwirkt, brachte als Opener mit versiertem Spiel an den Keyboards, unterstützt von seiner vierköpfigen Band, die Lawine pünktlich um 20 Uhr mit zahlreichen Bluesklassikern ins Rollen.
Zum nicht unbedingt erwarteten Highlight geriet der Auftritt Deborah Colemans. Die farbige Sängerin und Gitarristin ließ mit größtenteils eigenen Kompositionen selbst bei eingefleischten Fans Sherman Robertson vergessen. Ihre wegen einer Erkältung akzentuiert eingesetzte ebenso kraftvolle wie ausdrucksstarke Stimme verlieh ihren wohltemperierten Gitarrenläufen eine schmeichelnde Assonanz, verschaffte den Gehörgängen wohltuenden Genuss und forderte wiederholt frenetischen Szenenapplaus des Auditoriums heraus.
Mit recht eigenwilligen Interpretationen des Blues wartete die Kai Strauss Band, die eigentlich den Anfang machen sollte, zu fortgeschrittener Stunde auf. Mit seinem zwar stilistisch einwandfreien Gitarrenspiel geriet mancher Song der neuformierten Band um den Lengericher Musiker und seinem Sänger Jeffrey Amankwa für manchen Besucher doch ein paar Dezibel über dem Erträglichen. Leider gelang ihm damit auch eine Teilräumung des Saales. Für zahlreiche Anhänger des Lokalmatadors jedoch lieferte Strauss mit Titeln aus seiner jüngst erschienenen CD "This Time" teilweise handfesten Blues, teils der etwas härteren Gangart ab.
Osnabrücker Sonntagszeitung, 25.03.2012. Von Rolf Habben