bllogo2

Sprache auswählen

logobnsmall

 

Die weiße Pracht, die Osnabrück in den Abendstunden des letzten Februarsamstags überzog, kam zumindest für Christian Dozzler wenig überraschend, denn schließlich, so der Wahl-Texaner mit einem augenzwinkernden Verweis auf den Namen des vom lokalen Bluesverstärker e. V. bereits zum 19. Mal organisierten Festivals, sei eine Lawine ohne entsprechenden Schneefall doch kaum vorstellbar. Im gut besuchten "Haus der Jugend" oblag es dem aus Wien gebürtigen Multiinstrumentalisten und Sänger dabei zunächst, mit einer rund halbstündigen Pianoblues-Soloperformance das facettenreiche Programm des Abends zu eröffnen, ehe der Flügel beiseitegerollt wurde und Dozzler nicht nur zu Harp bzw. Akkordeon - und damit einhergehend wiederum zu gelegentlichen Zydeco-Klängen - wechselte, sondern sich im zweiten Teil seines Sets zudem von Michael van Merwyk & Bluesoul begleiten ließ. Nachdem das von Bandleader van Merwyk in Anspielung auf den gemeinsamen Trip zur International Blues Challenge 2013 auch als "Herren-Reisegruppe" titulierte Quartett diesen Job souverän erledigt hatte, präsentierten die vier Musiker dem Publikum in der inoffiziellen hiesigen Blues-Hauptstadt sodann jenen ganz eigenen, erfrischend unverkrampften Umgang mit den Traditionen des Genres, für den man einen Monat zuvor von den IBC-Juroren im fernen Memphis mit dem beachtlichen zweiten Platz in der Bandwertung bedacht worden war.

Ausgerechnet an seinem Geburtstag arbeiten musste anschließend Blues-Shacks-Bassmann Henning Hauerken, was seiner Spielfreude jedoch sichtlich keinerlei Abbruch tat, und einmal mehr wussten er und seine Bandkollegen die versammelten "ladies and gangsters" - wie Sänger und Harper Michael Arlt die Anwesenden bei Gigs der Hildesheimer Retrocombo gerne zu begrüßen pflegt - mit ihrem Stilmix aus den populären afroamerikanischen Musikrichtungen der 1940er- bis 1960er-Jahre zu begeistern, wie gewohnt mit viel Power dargeboten, diesmal allerdings ohne akrobatische Einlage des Frontmannes. Ganz andere Töne schlug zuletzt Jessy Martens an, die sich damit zugleich deutlich von den eher traditionell orientierten Interpretationen von Standards abhob, wie sie zu Beginn ihrer Karriere in Sachen Blues noch vor nicht allzu langer Zeit auf ihrer Agenda gestanden hatten. Stattdessen heizte die stimmstarke Shouterin mit ihrer tight agierenden Band dem verbliebenen Publikum zum Ausklang des Abends mit eigenem Songmaterial an der Schnittstelle von Rock und Bluesrock ein, bevor sich dieses für den Heimweg noch einmal hinaus in die spätwinterliche Kälte begeben musste.

BluesNews, Ausgabe 73, April-Juni 2013. Von Michael Seiz