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2lawflyer11.02.1995


Christian Bleiming Boogie Trio
Hootin' The Blues
Tom Vieth Blues Band
Louisiana Radio
Blues again ...

 

 

 Forum für noch wenig populäre Stile

2. "Blueslawine" mit Bands aus Münster,

Osnabrück und Holland im Haus der Jugend

 

Man muss den Osnabrücker "Bluesverstärkern" zur Programmgestaltung ihres zweiten Festivals im Haus der Jugend gratulieren. Auf das Publikum wartete ein bunt gemischtes Programm mit unterschiedlichsten Bluesstilen, das die Vielfältigkeit schwarzer amerikanischer Musik eindrucksvoll demonstrierte. In einer Zeit, in der vielerorts der Chicago-Blues immer noch als das Nonplusultra angesehen wird, war diese Einladung zu einer musikalischen Entdeckungsreise ein wichtiger Schritt in die Richtung, noch nicht so populäre Stile bekannt zu machen. Das rege Publikumsinteresse zeigte darüber hinaus, dass die Osnabrücker Initiative hiermit den richtigen Weg eingeschlagen hat.

So begann der abwechslungsreiche Abend mit dem Boogie-König Münsters, Christian Bleiming, und seinem Trio. Mit rollenden Piano-Licks und einer eher jazzigen Boogie-Variante bewies der Pianist, dass sich auch Ellington und Gershwin "boogiefizieren" lassen, und seine Mitstreiter, Thomas Schneller am Saxophon und Peter Samland am Schlagzeug. taten ein übriges dazu, um diese Mischung wie aus einem Guss wirken zu lassen. Schneller und Bleiming teilten sich die solistische und thematische Arbeit mit feurigen Improvisationsduellen, während sich Peter Samland als solider Motor an den Drums erwies, der ab und zu mit krachenden Breaks auf sich aufmerksam machte.

Nach diesem schwungvollen Auftakt zeigten "Hootin the Blues" die ganze Vielfalt des akustischen Blues mit Eigenkompositionen und Standards aus den 20er und 30er Jahren. Vor allen Dingen Gerd Gorke an der Blues-Harp setzte hier die Akzente und sorgte mit seinen Soli immer wieder für Szenenapplaus. Günter Leifeld-Strikkeling und Rupert Pfeiffer bildeten dabei mit ihren variantenreichen Instrumentierungen mit Dobro, Gitarre und Mandoline eine stilsichere und einfühlsame Basis, indem sie beim Country-Blues die Dobro, mit dem Bottleneck gespielt, so richtig schnarren ließen oder aber bei Standards wie "The Thrill Is Gone" funkig moderne Akzente setzten.

Anschließend war es Zeit für die Lokalmatadoren des Abends, die "Tom Vieth Blues Band" und ihrem Chicago Blues. Hier fiel zunächst die hervorragend abgestimmte Rhythmusgruppe, bestehend aus dem Schlagzeuger Frank Heitkämper, dem Bassisten Erkan Özdemir und dem Gitarristen Kai "Candy" Strauss auf. Mit enormem Druck und sattelfesten Zusammenspiel war sie ein Garant für den dynamischen Chicago-Sound, den die Band auf die Bühne zauberte. Darüber hinaus bot sie Thomas Vieth genügend Gelegenheit, um sich als Gitarrist und Sänger zu profilieren.

Als Gast hatte man zusätzlich den Saxophonisten Thomas Feldmann verpflichtet, der zusammen mit Thomas Vieth immer wieder solistische Akzente setzte. Kleine Abstriche musste man allerdings bei den Eigenkompositionen der Gruppe machen. Sie wirkten stellenweise zu naiv und zu nahe an die Originale angelehnt, um wirkliches Eigenleben zu entwickeln. Ansonsten bot aber auch die "Tom Vieth Blues Band" ein ansprechendes Programm, in dem sicherlich noch mannigfaltige Entwicklungsmöglichkeiten stecken.

Zydeco und Cajun mit der holländischen Band "Louisiana Radio" stand dann zum Abschluss der Bluesnacht auf dem Programm. Die Hausband des Utrechter Calun Cafes entführte die Zuhörer mit Ihrer authentischen Besetzung in die Sümpfe des Mississippi-Deltas und machte den Rest des Abends zu einem Tanzfest. Mit der Großstadtmusik aus New Orleans in der Manier eines Dr. John über den Country Blues von "Canned Heat" bis hin zu den folkloristisch angehauchten Tanznummern des Zydeco und Cajun brachten die Holländer die gesamte musikalische Welt Louisianas zu Gehör, gepaart mir einer dynamischen Bühnenshow, die beim Publikum schnell das Eis brach.

Man fühlte sich versetzt in die Welt der Kreolen, wenn das Akkordeon wimmerte oder Schlagzeuger Arthur Bont zum Waschbrett griff. Das Konzert von "Louisiana Radio" wurde zur ausdrucksvollen Demonstration eines musikalischen Schmelztiegels, der in vieler Hinsicht einzigartig auf der Welt ist. Entsprechend begeistert applaudierten die Zuhörer dem Quintett, das die 2. Osnabrücker Blueslawine zu einem stimmungsvollen, erfolgreichen Abschluss brachte und bei der lediglich ein Umstand störte:

Auf eine musikalische Dauerberieselung, garantiert durch das Duo "Blues again ..." das die Pausen im Foyer überbrückte, sollte man in Zukunft verzichten. Die auch hier anzutreffende Lautstärke machte fast jedes Gespräch zunichte und gab dem Publikum keine Erholungspause. Die Musiker im Foyer hätten durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient, konnten sich aber aufgrund der zwangläufigen Übersättigung kaum durchsetzen.

Von Ralf Gravemann, NOZ vom 14. Februar 1995

(Photos: Eric Schäfer)