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Quadrumvirat des Blues
Vier Hochkaräter auf den Brettern im Haus der Jugend.

 

Neu war nun wirklich nicht alles, schließlich blicken die Osnabrücker Bluesverstärker mit ihren Blueslawinen auf 19 Jahre uneigennütziges Engagement zurück und sind schon von daher irgendwie der Tradition verpflichtet. Neu war allerdings der Beginn um 19:30 Uhr statt 20 Uhr und neu war auch das Line-up mit vier Acts anstelle der gewohnten drei in den letzten Jahren. Und zumindest ungewöhnlich war letztlich auch die geballte Ladung von Preisträgern unter den Musikern oder angehenden Auszeichnungen der nationalen und internationalen Bluesszene, von "German Blues Awards" bis hin zur "International Blues Challenge" in Memphis.

Dem 54-jährigen Wiener Christian Dozzler war an den Tasten und vor allem am Akkordeon anzumerken, dass er seine alpenländische Heimat gegen sein neues Domizil seit 2002 in Dallas/ Texas getauscht hat. Der "Texaner" erwies sich als Meister an den Klaviaturen. Klar,dass in seiner Blues-Boogie-Eröffnung am Piano in seinen vielseitigen Soli auch der Swamp Blues und Zydeco am Akkordeon, Blues französischcreolischen Ursprungs, nicht fehlen durfte, ehe er in nahtlosem Übergang Michael van Merwyk und seine Band Blue Soul begleitete.

Diese seien "frisch aus Memphis eingetroffen, wo sie den zweiten Platz der International Blues Challenge belegen konnten. Das sei Bohlens DSDS des Blues", wie von Merwyk nicht ganz ernst gemeint anmerkte. Van Merwyk und Blue Soul zählen mit ihren Auftritten mittlerweile fast schon zu Stammgästen der Lawinen. Van Merwyks und Jochen Bens wechselvolles Gitarrenspiel, mal einfühlsam in feinster Dosierung, mal handfest, Olli Gees Untermalung mit mal dezenten, dann wiederum dominantem Bass in Assonanz mit Drummer Bernhardt Weichinger schufen eine dichte Atmosphäre und ließen ahnen, warum sie in Memphis so erfolgreich waren.

Ein Kaleidoskop des Blues entfachte B.B. & The Blues Shacks. Die Band ließ es so richtig krachen. Auch wenn sie oftmals grenzwertig fernab vom puren Blues wandelte und gern und wiederholt in anderen Genres der Musikkultur mit erdigem Rock oder gefühlvollem Soul wilderte, hatte ihr Auftritt einen hohen nterhaltungswert. Vielleicht aber auch gerade deswegen. Andreas "Ali" Arlt ließ rasante bis traumhafte Gitarrenläufe von den Saiten perlen, den Hals rauf und runter, sein Bruder Michael "Maddy" Arlt mit fetzigem Gesang und ebensolcher Harmonica, garniert mit einer ordentlichen Portion Humor, sowie der Sound Dennis Koeckstedt an den Tasten, rissen das Publikum ein ums andere Mal zu frenetischem Szenenapplaus hin. Jeder durfte im Wechsel vom verspielten Gitarrengeplänkel bis hin zum ekstatischen Trommelwirbel mit Soloeinlagen mal die Hauptrolle spielen. Die Band versprühte jederzeit pure Spielfreude und legte einen eindrucksvollen Klangteppich für Jessy Martens & Band.

Die kamen zu später Stunde unter anderem mit Titeln von ihrem neuesten Album ohne langes Vorspiel sofort zur Sache. Martens eher dezente Figur und ihr Körperwuchs standen augenscheinlich und unüberhörbar im reziproken Verhältnis zum Stimmvolumen. Teils rostige Stimmbänder, die an Janis Joplin erinnerten, teils mit emotional einfühlsamem Gesang und mit einer umwerfenden Bühnenpräsenz spulte die Sängerin aus Hamburg und ihre Band eine beeindruckende Mixtur aus Blues, Soul und Rock gekonnt herunter. Wer wollte eine der Bands als "topact" hervorheben? Alle Akteure spielten auf höchstem Niveau und erwiesen sich als Meister ihres Fachs.

Auf die 20. Lawine als Jubiläum im nächsten Jahr darf man schon jetzt gespannt sein.

Osnabrücker Sonntagszeitung, 03.03.2013. Von Rolf Habben