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Nicht nur Musik für Puristen
Eine lange Nacht mit unterschiedlichen
Bands: Festival "Blueslawine"

 

Zur langen Nacht wurde die "Blueslawine" in diesem Jahr. Das Festival endete erst nach 1 Uhr. Wer bis zum Schluss blieb, konnte an einer lockeren Party teilnehmen. Die Musik war zu fortgeschrittener stunde von Stilrichtungen der 60 Jahre geprägt, die zwar ihre Ursprünge im Zwölftaktschema haben, aber doch sehr eigenständige Züge entwickelten.

Kein Stoff also für Puristen. Die hatten das Haus der Jugend relativ schnell verlassen, als sie spürten, dass Nine Below Zero, so der Name der letzten Band, nichts für Vertreter der reinen Blues-Lehre sein würde Strikte Bluesfans waren aber mit der Darbietung der ersten beiden Bands bereits recht gut bedient worden.

Lightnin' Moe and his Peace Disturbers hatten den musikalischen Reigen der Blueslawine eröffnet: Als "Good Old House Rockin' Blues from Denmark" war der Darbietung vom Veranstalter, dem Osnabrücker Bluesverstärker, angekündigt worden.
Und tatsächlich rockte das dänische Quartett das Haus. Europäischen Blues mit Affinität zum Rock 'n' Roll kredenzten Lightnin' Moe und seine Kollegen. Tieftöne vom Standbass und Rhythmen von einem betagten Schlagzeug, auf dem einst vielleicht schon Original-Rockabilly-Drummer einheizten, befeuerten die Aktionen des exaltierten Frontmanns. Moe bestach vor allem durch seine Mundharmonikakünste. Vehement bearbeitete er das handliche Instrument, saugte und fauchte hinein, bis das Publikum begeistert Szenenapplaus spendete. Diese Qualitäten trösteten darüber hinweg, dass Moe nicht gerade mit dem fulminantesten Gesangsorgan ausgestattet ist.

Mit einer Hammondorgel ging es dann weiter. Das legendäre Tasteninstrument bestimmte den Sound der Band Blue Soul, bis Larry Garner aus Louisiana die Bühne betrat. Der ließ sich von der deutschen Gruppe um Gitarist Michael von Merwyk begleiten – es entstand eine Mischung aus Perfektion und ursprünglichem Feeling. Auch wenn die Begleitmusiker mit ihren grimmigen Mienen den Eindruck erweckten, als hätten sie im Leben nichts zu lachen, so machten sie ihren Job sehr gut: Mit ihren swingenden Rhythmen belegten sie Garners These, dass der Blues nichts Depressives hat. "Wenn es dir schlecht geht – get back on the road of life", empfahl der Mann mit dem Hut, eröffnete damit positive Perspektiven – und zauberte sogar ein verhuschtes Lächeln auf die Gesichter seiner Kollegen.

Schließlich übernahmen die englischen Show-Profis das Ruder. Nine Below Zero, geschult durch langjährige Touren mit Rory Gallagher und Muddy Waters, ließen keinen Zweifel an ihren musikalischen Vorlieben aufkommen: Blues, Rock, Boogie und Soul stehen auf ihrer klingenden Agenda.
Druckvoll ist ihr Duktus, und ihr Sinn für Humor spricht aus einigen kurzen Zitaten, die sie in der Interpretationen und einigen Songs aufblitzen ließen: zum Beispiel "Smoke on the Water" von Deep Purple.
Die Bluestradition wurden sie mit einigen Stücken gerecht, die von Mark Feltham gesungen wurden und von seinem Mundharmonikaspiel dominiert waren. Er sorgte für "Sophistication", bevor die Party losging: "Wully Bully" erntete erstaunte Gesichter, Ray Charles' "Hit the Road Jack" ging ins Blut, und "On the Road Again" war fast so brillant wie das Original von Canned Heat. Mit einem herzlichen "Dont' Forget to Boogie" verabschiedeten sich diese souveränen Vertreter der aufgeschlossenen britischen Bluerock-Tradition.

(Neue OZ-Artikel vom 01.03.2004 von Tom Bullmann)